Schüler vom Waltroper THG suchen in einem Chemiewerk in Castrop-Rauxel mithilfe von Drohnen nach Leckagen und Wärmebrücken.

ein Bericht aus der Waltroper Zeitung

Das ist mal ein ganz anderer Unterricht:

Die drei Schüler Julius Janke (17), Max Hayden (18) und Damien Rachuba (17) verfolgen mit ihren Augen konzentriert den Flug ihrer GPS-gesteuerten Thermaldrohne am Himmel - und schauen dann wieder nicht minder aufmerksam aufs geteilte Display ihrer Fernbedienung. Hier ist auf der rechten Seite ein ganz normales Videobild zu sehen, „das dabei hilft, sich auf dem Gelände zu orientieren“, wie Julius Janke sagt. Auf der linken Seite sind Aufnahmen einer Wärmebildkamera auszumachen, die in sogenannten Falschfarben die Oberflächentemperaturen der überflogenen Gegenstände anzeigen - aufsteigend von blau und grün über gelb bis hin zu rot und lila. „Dort ist es dann schon extrem heiß“, sagt Julius Janke - und wird möglicherweise Energie verschleudert.

Julius Janke, Max Hayden und Damien Rachuba besuchen den MINT-Projektkurs „Zukunftsingenieure/innen“ vom Mathe- und Physiklehrer Dirk Schulz am Theodor-Heuss-Gymnasium in Waltrop. An diesem Morgen nehmen die angehenden Abiturienten bei Rain Carbon in Castrop-Rauxel - also im früheren Rütgers-Werk - mithilfe zweier Drohnen Thermografiebilder auf. Sie fliegen die Versorgungsleitungen des Chemieunternehmens ab, „um potenzielle Leckagen oder Wärmebrücken zu identifizieren“, wie Ralph Gorski von der Rütgers Stiftung erläutert.

Im Sinne der Nachhaltigkeit

Die jungen Männer schauen, wo Energie sinnlos in die Umwelt entweicht, weil Isolierungen schadhaft sind oder Dämmungen fehlen. Das Unternehmen, das Basis-Chemikalien für die weiterverarbeitende Industrie herstellt, würde seine Leitungen anschließend an den entsprechenden Stellen modernisieren, so Gorski. Das sei im Sinne der Nachhaltigkeit. Und auch darüber hinaus im Interesse von Rain Carbon. Denn, so Gorski, „die Energiekosten im chemischen Bereich sind enorm hoch“. Und jede Energiesparmaßnahme führe auch zu finanziellen Entlastungen.

„Letztlich geht es hier auch um Berufsorientierung“, sagt Lehrer Schulz zu seinem Herzensprojekt. „Die Schüler probieren sich aus und schauen so, ob für sie später dann vielleicht eine Ausbildung oder ein Studium im MINT-Bereich infrage kommt.“

Darüber hinaus wolle man die Schüler mit diesem Projekt auch dafür sensibilisieren, mit der Umwelt und den Ressourcen nachhaltig und schonend umzugehen. Gefragt sei hier neben naturwissenschaftlichen Grundlagen und dem Drohnen-Führerschein die Fähigkeit, „sich in so einem Chemiewerk zurechtzufinden. Man darf da keine Berührungsängste haben.“ In der Tat bewegen sich Julius Janke, Max Hayden und Damien Rachuba - ausgerüstet mit Schutzhelm, -brille, -kleidung und -schuhen sowie Besucherausweis - recht selbstbewusst übers Gelände. Das Steuern der etwa 6000 Euro teuren Drohne sei auch nicht wirklich kompliziert, sagt Julius Janke, „das passiert ziemlich intuitiv“. Die größte Herausforderung bestehe darin, „die Wärmebrücken, also die Verluststellen, zu identifizieren“ - und dann später in der Schule die (3D-)Bilder und Videos auszuwerten, um zu quantifizieren, „wie viel Energie da genau verlorengeht“.

Finanziell gefördert wird das Drohnen-Projekt, bei dem das THG auch mit dem zdi Netzwerk MINT.Regio und dem Centrum für Entrepreneurship & Transfer an der TU Dortmund kooperiert, von der Rütgers-Stiftung. Diese habe schon vor mehr als 20 Jahren das Ziel gehabt, Naturwissenschaften attraktiver zu machen, um dem Fachkräftemangel zu begegnen, so Gorski. Wobei es beim Drohnen-Projekt nicht nur um Theorie gehe, sondern darum, „tatsächlich echte Ergebnisse für das Unternehmen zu erzielen. Das ist eine schöne Synergie“.

Könnte sich Julius Janke denn auch vorstellen, später einen MINT-Beruf zu ergreifen? Da zögert der 17-Jährige erstaunlich lange. Vorstellen: ja. Zumal ihm dieser Projektkurs, der so ganz anders sei als normaler Unterricht, wirklich großen Spaß mache: „Aber ich glaube, meine Stärken liegen dann doch noch woanders.“

Und dann schaut er wieder konzentriert gen Himmel. Schließlich wollen die drei Jungs gute Ergebnisse abliefern.

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