Miguel (43) schildert seine Drogenzeit: THG-Schüler sind beeindruckt

Ein Beitrag aus der Waltroper Zeitung:

Das Team der Drogenpräventionsveranstaltung mit einer Klasse

Glaubwürdiger kann wohl kaum jemand vor der Drogensucht warnen: Der 43-jährige Miguel schildert am Montag (27. 2.) am Theodor-Heuss-Gymnasium über sein Leben an der Spritze, das er durch eine Therapie aktuell im Griff hat. Er lebt im offenen Vollzug in der Justizvollzugsanstalt in Castrop-Rauxel, wo er noch für 14 Monate einsitzen muss. Doch dort ist er sogar gern, bieten doch die Gefängnismauern auch eine gewisse Sicherheit vor der Sucht. „Hier habe ich gelernt, standhaft zu sein“, erklärt er. „Es ist nämlich nicht cool, Drogen zu probieren, sondern es ist eine Stärke, Nein zu sagen“, gibt er den Neuntklässlern mit auf den Weg.

Ermöglicht wurde das Pilotprojekt durch Sebastian Niens, der Vater zweier THG-Schülerinnen ist und den aus Dortmund stammenden Junkie von Berufs wegen kennenlernte. Mit Unterstützung von Melanie Sterna von der Drogenhilfe Recklinghausen & Ostvest e. V. (DROB) bereitete der JVA-Beamte das Projekt „Der Einstieg in den Abstieg“ vor, das jetzt erstmals unter der Regie von THG-Lehrer Markus Reckzeh am Waltroper Gymnasium durchgeführt wurde.

Alles begann, als sich Vater und Mutter trennten

Miguels Biografie ist eine lange Geschichte von vielen Höhen und Tiefen, die er den 15- und 16-jährigen Schülerinnen und Schülern im Stuhlkreis vorträgt. Er erlebte eine ganz normale Kindheit - bis sich seine Eltern trennten, als er 14 Jahre alt war: Während die jüngeren beiden Geschwister bei der Mutter im Frauenhaus blieben, wurde er - weil er schon 14 war - ins Heim gesteckt. Bald ging es los mit Marihuana und Haschisch.

Schon mit 15 Jahren hing Miguel, der mittlerweile die Schule geschmissen hatte und in der Dortmunder City als Obdachloser auf der Straße lebte, an der Heroin-Spritze. „Und diejenigen, die sich da um mich kümmerten, waren auch alle hochgradig süchtig“, berichtet er. „Partydrogen, ob Ecstasy oder LSD, waren nichts für mich“, erklärt er.

Er wollte ja nicht für 40 Stunden in Euphorie fallen, sondern seinen Schmerz vergessen, merkt er an. Dass er kriminell wurde, um den regelmäßigen Drogenkonsum zu finanzieren, versteht sich von selbst. Es gab zwischendurch aber auch bessere Zeiten, nachdem er 1999 eine Drogentherapie absolviert hatte. Sogar seinen Schulabschluss konnte er nachmachen und schließlich seine Ausbildung als Klimatechniker mit Bravour bestehen. „Vom Heroin war ich damals runter“, sagt er heute.

„Nicht aber vom angeblich ungefährlichen Cannabis, das ja in den Niederlanden sogar legal verkauft wird.“ Dorthin war er 2008 über eine Zeitarbeitsfirma gekommen, wo er auch eine Frau kennenlernte, mit der er eine Tochter zeugte.

Doch das Glück hielt nicht lange, da der Lohn bald nicht mehr ausreichte, um den teuren Drogenkonsum zu finanzieren.

Das Leben auf der Straße ist gnadenlos

Zurück in Dortmund, wo er Nicole, seine große Liebe, kennenlernte, drifteten beide bald ins Drogenmilieu ab.

Dann erzählt er, wie gnadenlos das Leben auf der Straße läuft: „Das Heroin bestimmt deinen Tagesablauf. Wenn du morgens mit Schmerzen aufstehst, musst Du erst Geld beschaffen, damit du dir beim Dealer die Tagesdosis leisten kannst. Das ist permanenter Stress...“ Und auch die Konkurrenz in der Szene sei gnadenlos. „Die lassen einen Menschen für 10 Euro über die Wupper gehen.“

Und was wünscht sich Miguel für die Zukunft? Durch die Therapie in Castrop-Rauxel habe ich gelernt, standhaft zu sein, betont er und versichert: „Ich fasse keinen Joint mehr an.“

Seine Frau, tritt am 1. März eine Stelle als Altenpflegerin an - das mache Hoffnung...

Drogen schaffen Probleme nicht aus der Welt

Suchtberaterin Melanie Sterna gibt den beeindruckten Schülerinnen und Schülern am Ende einen Rat mit auf den Weg: „Es gibt immer Probleme, die einen auch als Heranwachsenden aus der Bahn werfen können“, sagt sie - ob ein Todesfall, eine Trennung oder Stress in der Schule.

Man müsse lernen, mit Problemen und Ängsten umzugehen. „Drogen helfen dagegen keinesfalls. Sie machen das Leben kaputt.“ Diese Botschaft hat Miguel eindrucksvoll transportiert.

 

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