Können junge Erwachsene sich vorstellen, in der Bundeswehr zu dienen?

ein Beitrag aus der Waltroper Zeitung

Schüler des Gymnasiums über die Musterungsumfrage und Bundeswehr.

Drei Hände gehen hoch, als die Elftklässler des sozialwissenschaftlichen Leistungskurses des Theodor-Heuss-Gymnasiums (THG) in Waltrop gefragt werden, ob sie ihr Kreuz bei der Abfrage bei „Ich möchte dienen“ setzen. Zwölf können es sich an diesem Dienstagmittag im Dezember im Waltroper Klassenzimmer nicht vorstellen, und eine Schülerin weiß es noch nicht.

Die Bundesregierung möchte eine neue Form der Wehrpflicht einführen. Junge Menschen sollen mit 18 Jahren einen Brief bekommen. Sie sollen angeben, ob sie sich vorstellen können, für die Bundeswehr zu arbeiten. Auch die Motivation und die körperliche Fitness sollen abgefragt werden. Männer müssen den Fragebogen ausfüllen, Frauen dürfen. Männer, die sich vorstellen können, zu dienen und körperlich als geeignet gelten, werden zur Musterung eingeladen. Frauen können sich freiwillig zur Musterung melden.

Mia (18) stört der Gedanke an einen Brief mit dem Absender „Bundeswehr“ nicht. „Es ist wichtig, darüber nachzudenken, ob die Bundeswehr eine Option ist“, so Mia.

Esma (17), die auf der anderen Seite des Klassenraums sitzt, stimmt ihr zu. Nach der Schule zur Bundeswehr zu gehen, sei nur eine Option. „Man kann, muss aber nicht das Kreuzchen bei ‚ich möchte dienen‘ setzen“, so Esma. Sie glaubt, dass sich die meisten vorher schon Gedanken gemacht hätten.

Schülerinnen kritisieren fehlende Flexibilität

Die große Mehrheit kann sich nicht vorstellen, für die Bundeswehr zu arbeiten. Die Gründe sind vielfältig. Einige nennen die komplizierte Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Eine Person aus dem Bekanntenkreis der Schülerin Anna hat sich für zwölf Jahre verpflichtet. Anna kann sich das nicht vorstellen. Der Zeitraum von zwölf Jahren ist ihr zu lang. Außerdem ist man in der Standortwahl nicht frei. „Diese Umstände machen es schwer, eine Familie aufzubauen“, sagt Anna. Ihre Sitznachbarin Maike pflichtet ihr bei. „Man wird an verschiedene Stützpunkte geschickt und hat nur zwei Universitäten zur Auswahl.“

Mitschülerin Mila (17) kann sich auch nicht vorstellen, in die Bundeswehr zu gehen. Ihre Vorbehalte gegenüber der Bundeswehr sind jedoch andere. Sie glaubt, dass die Gesinnung von Soldaten anders sei als ihre. Es könne einige Soldaten geben, die rechts und nationalistisch eingestellt seien. Mila lehnt die Option Bundeswehr aus einem weiteren Punkt ab: „Die strenge Hierarchie stößt mich ab.“

Doch auch wenn sich die Schüler nicht vorstellen können, bei der Bundeswehr Dienst zu leisten, kommt die Organisation als Arbeitgeber und Ort zum Studieren beim Großteil der Klasse gut an. Sebastian und Leonard (beide 17) sitzen in der ersten Reihe. Sie gehören zu den drei Personen, die theoretisch bei der Frage nach dem Dienst in der Truppe mit „ja“ stimmen würden. Für Leonard sind Pflichtbewusstsein und körperliche Fitness zwei Aspekte, um zur Truppe zu gehen. Ihm gefällt die Vorstellung, „gepusht zu werden und Sachen umzusetzen, auf die man eigentlich keine Lust hat“. Auch den Fokus auf körperliche Fitness schätzt der Jugendliche.

Sebastian schätzt die Bundeswehr für ihr vielfältiges Angebot. „IT, Marine und Wehrdienst“, zählt er auf. Die Zukunftsperspektive, die das Militär mit sich bringt und die Möglichkeit, sich hochzuarbeiten, spricht für Sebastian für die Truppe. Die Bundeswehr spielte in den Planungen des 17-Jährigen eine Rolle, doch er möchte lieber zur Polizei.

Ob die neue Musterungsumfrage – wie vom Bundesverteidigungsministerium geplant, im Mai des Jahres 2025 verschickt wird – ist noch offen. Das Bundeskabinett stimmte den Plänen des Verteidigungsministeriums zu. Damit das Gesetz in Kraft tritt, müssen dem Gesetzentwurf noch der Bundestag und der Bundesrat zustimmen. Doch ob das noch in der laufenden Legislaturperiode passiert, ist nach dem Ende der Ampel-Koalition unklar.

Zurück